Die Didacta ist eine riesige Bildungsmesse, die jährlich abwechselnd in Hannover, Köln und Stuttgart stattfindet. Vom 14.-18. Februar standen die Stuttgarter Messehallen im Zeichen der Bildung: Die vier Ausstellungsbereiche Frühe Bildung, Schule/Hochschule, Berufliche Bildung sowie Bildung & Technologie füllten insgesamt sechs Hallen.
Ich habe die Didacta am Mittwoch und Donnerstag besucht. Ein Tag hätte definitiv nicht gereicht, um alle für mich interessanten Stände und Workshops zu besuchen. An den Verlagsständen habe ich jeweils Ausschau nach Titeln gehalten, die ich bisher nicht kannte. Außerdem habe ich die MitarbeiterInnen nach Neuerscheinungen und zukünftigen Entwicklungen für DaF/DaZ für Geflüchtete befragt. Mein Fokus lag (wie bei diesem Blog generell) auf Material für Jugendliche und Erwachsene. Angebote für DaZ für Kinder habe ich weitgehend ignoriert, auch wenn es zu diesem Thema einige Stände gab.
Im Folgenden schildere ich meine Eindrücke. Am Ende gibt es eine kleine Einschätzung zum kommenden Bildungsjahr 2017.
Verlage
In der Klett-Abteilung für Erwachsenenbildung konnte ich mir ein kostenloses Exemplar des neuen Lehrwerks Ein guter Start abholen. Leider war am Stand sehr viel los, so dass ich kein persönliches Gespräch mit den MitarbeiterInnen führen konnte. In der DaZ-Ecke (für Kinder) habe ich ein Buch entdeckt, das die häufigsten Herkunftssprachen charakterisiert: Ausländisch für Deutsche von Simona Colombo-Scheffold et. al. (Hrsg.). Die Muttersprachen und deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum Deutschen zu kennen, kann enorm hilfreich sein. (Vgl. dazu auch den Bericht einer Ehrenamtlichen) Mein Eindruck beim Blättern war jedoch, dass viele Fachwörter verwendet werden und Menschen ohne einen Linguistik-Hintergrund nicht so viel daraus mitnehmen werden.
Der Cornelsen-Verlag hatte einen der größten Stände der gesamten Messe, die Ecke für DaF/DaZ war jedoch eher klein. Eine Mitarbeiterin zeigte mir das Lehrwerk Alpha Plus, das sie Ehrenamtlichen gerne empfiehlt. Es enthält kleinschrittige und klar verständliche Arbeitsanweisungen, die Laien und Quereinsteigern das Unterrichten leichter machen (sollen). Generell wird sich Cornelsen in nächster Zeit auf Lehrwerke für Integrationskurse und Berufssprachkurse konzentrieren, so eine weitere Mitarbeiterin. Eine Fortführung des meiner Meinung nach sehr gelungenen Einstiegslehrwerks Herzlich Willkommen! (Rezension) ist leider nicht geplant.
Am Hueber-Stand hatte ich die Gelegenheit, die Geschäftsführerin Michaela Hueber sowie mehrere Mitarbeiterinnen, mit denen ich bereits per Mail in Kontakt stand, persönlich kennen zu lernen. Außerdem habe ich erfahren, dass im April/Mai ein neues Alphabetisierungslehrwerk für Jugendliche erscheinen wird.
Bei telc erscheint am 1. Mai ein neues Lehrwerk für Berufssprachkurse. Einfach besser! Deutsch für den Beruf B1-B2 ist ein Kurs- und Arbeitsbuch, das sich am Basismodul B2 des BAMF für die berufsbezogene Deutschsprachförderung (DeuFöV) orientiert. Es „berücksichtigt ein breites Spektrum an Berufen aus Industrie, Handel, Dienstleistung und Handwerk“ und soll für bis zu 300 Unterrichtseinheiten geeignet sein. Für Didacta-BesucherInnen gab es bereits ein Probekapitel zum Mitnehmen.
Eine kleine Neuentdeckung war der mir bisher unbekannte Verlag Ellen Jentsch, der sich auf sprachkontrastive Grammatikbücher sowie Schreib- und Prüfungstraining spezialisiert hat.
Institutionen
Das Goethe-Institut war mit einem schön gestalteten Stand vertreten und informierte über die Angebote des Instituts sowie die Aus- und Weiterbildungsangebote für (angehende) DaF/DaZ-DozentInnen. Am Mittwoch besuchte ich dort eine Präsentation zum Onlinekurs „DaF – Methodik und Didaktik“. Der Referent Dmitri Kletschko ist für diesen Kurs hauptverantwortlich und begleitet auch Lernende als Tutor.
Der Kurs dient als Basisqualifizierung DaF für Quereinsteiger, d.h. er deckt die Grundlagen der Vermittlung von Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache ab. Ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine abgeschlossene Berufsausbildung mit mehrjähriger Erfahrung sowie die notwendige technische Infrastruktur werden für den Kurs vorausgesetzt. Das BAMF erkenne den Kurs als Qualifizierung für die Zulassung als Lehrkraft in Integrationskursen an, so Kletschko. Bei dem 1000€ teuren Kurs handelt es sich um einen Selbstlernkurs, d.h. man kann den Kurs jederzeit beginnen und seine Lernzeit selbst einteilen. Die Regelstudienzeit beträgt 9 Monate. Eine Förderung durch einen Bildungsgutschein o.ä. ist möglich. Die Inhalte des Kurses entsprechen den Bänden 1-6 der Reihe Deutsch Lehren Lernen. Nach erfolgreichem Bestehen des Abschlusstests erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein benotetes Zeugnis.
Tipp: Mit dem Rabattcode DIDACTA2017 gibt es bis Anfang März 10% Rabatt auf die Onlinekurse des Goethe-Instituts.
Darüber hinaus habe mich am Goethe-Stand mit einer Mitarbeiterin über die FEELS-Kurse für LernbegleiterInnen und die Webinare aus dem Herbst/Winter 2015 unterhalten. Vielleicht ist es Zufall, vielleicht haben meine Nachfragen etwas gebracht – die Webinare sind auf jeden Fall nun als Aufzeichnungen für alle Interessierten offen.
Am Stand der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) gab es wie gewohnt eine große Auswahl an kostenlosen oder sehr günstigen Materialien, die sowohl inhaltlich als auch gestalterisch gut aufbereitetet sind. Auf die kostenlosen bpb-Materialien für den Sprachunterricht habe ich schon einmal hingewiesen. Darüber hinaus ist mir das Logbuch Neuland aufgefallen. Dieses (wieder sehr ästhetisch gestaltete Heft) dient der politischen Bildung geflüchteter Jugendlicher. Es ist wie ein Tagebuch aufgebaut, in dem die/der BearbeiterIn seine persönlichen Erfahrungen und Antworten auf gestellte Fragen aufschreibt. Ich könnte mir vorstellen, dass es auch für den Einsatz im Sprachkurs mit (jungen) Erwachsenen als Schreib- und Diskussionsanlass sowie zur Vermittlung von Landeskunde einsetzbar ist. Das Logbuch Neuland ist kostenlos bestellbar.
Am Donnerstag besuchte ich eine Podiumsdiskussion mit dem vielversprechenden Titel „Wie schaffen wir das? Lessons learned bei der Flüchtlingsintegration“. Zu Gast waren Connie Voigt (Inter Cultural Center Potsdam), Dr. Ottmar Döring (IQ Netzwerk) und Christine Mersch (Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge). Abgesehen von offensichtlichen Learnings wie „Man braucht Geduld“ war die Diskussion leider nicht wirklich ergiebig.
Für Menschen, die sich bei ihrem Engagement für Geflüchtete mit Vorurteilen oder rechten Parolen konfrontiert sehen, gab es beispielsweise von PRO ASYL und der IG Metall Jugend noch einige Broschüren.
Sonstiges (nicht DaF/DaZ)
Während der Didacta wurden zahlreiche Workshops angeboten. Aufgrund zeitlicher Überschneidungen konnte ich leider nicht alle Angebote wahrnehmen. Sehr gut gefallen hat mir jedoch der Sketchnote-Workshop von Ina Raßbach. Sie hat gezeigt, wie man mit den einfachsten Formen und etwas Kreativität seine Notizen durch visuelle Elemente ergänzen kann.
Mein Faible für schöne Schreibwaren wurde an den diversen Ständen in Halle 5 definitiv angesprochen. Auch für Unterrichtsmaterial und –zubehör wie Würfel oder Spielmaterial gab es mehrere Anbieter. Dank Messerabatt durfte das ein oder andere Fundstück mit nach Hause.
Trends für 2017
In Bezug auf niedrigschwellige Lehrwerke für Deutschkurse mit Geflüchteten scheint der Trend vorbei zu sein. Die Verlage konzentrieren sich eher auf die Erstellung bzw. Erweiterung von Lehrwerksreihen für Integrationskurse sowie für berufssprachliche Kurse. Für die Frage „Wie kann man Quereinsteiger für den Deutschunterricht mit Geflüchteten und Migranten qualifizieren?“, die mir persönlich sehr wichtig ist, habe ich leider keine neuen Antworten oder Impulse mitgenommen.
Generell war der Umgang mit digitalen Medien im Unterrichtskontext auf jeden Fall ein großes Thema auf der Didacta. So gab es zum Beispiel Vorführungen in extra aufgebauten Klassenzimmern, in denen eine Unterrichtseinheit mit elektronischen und interaktiven Schulbüchern für Biologie gezeigt wurde. Für die Erwachsenenbildung scheint der Trend zu Tablets, Smartboards und Co weniger ausgeprägt, was wohl hauptsächlich an der anderen Raum- und Ausstattungssituation im Gegensatz zu Schulen liegt.
Mehrere Verlage haben bereits letztes Jahr Vorstöße gewagt, um digitale Medien und DaF/DaZ-Kurse miteinander zu verknüpfen. Sowohl Klett als auch Hueber haben Apps herausgebracht, die das jeweilige Lehrwerk multimedial begleiten. Ich nehme an, dass sich solche Technologien nach dem BYOD-Prinzip (Bring your own Device) eher durchsetzen werden als elektronische Schul- bzw. Kursbücher.
Insgesamt war die große Themenvielfalt der Didacta beeindruckend und ich werde die Messe im nächsten Jahr gerne wieder besuchen, wenn sich die Gelegenheit ergibt.